Elektronische Natursymbiosen
Foto: Thorsten Kohlhaas
Der Name Dominik Eulberg steht in der elektronischen Musik für nahezu perfekte Symbiosen aus den Geräuschen der Natur und treibenden bis entspannten Klängen aus dem Computer. Es gibt wohl keinen Künstler, der diese Synthese so perfekt beherrscht wie er. Dass er damit zu den gefeiertsten Künstlern überhaupt in der Elektroszene zählt, überrascht bei seinem gigantischen Fundus an starken Tracks und Remixen keineswegs.
Von Sebastian Binder
Es ist nicht unüblich, dass die Natur eine der Hauptinspirationsquellen für Musik ist. Das Rauschen des Waldes, das Plätschern des Wassers, das Singen der Vögel haben schon zahlreiche Künstler zu großartigen Werken angetrieben. Die Natur scheint eine unerschöpfliche Quelle für kreative Menschen zu sein, ihre Atmosphäre, Panoramen und Geräusche lösen etwas in diesen Menschen aus, die Flucht vor der Hektik und dem Lärm des Alltags in die vergleichsweise ruhige Natürlichkeit ist bei diesen Leuten anscheinend Rückszugspunkt und Ansporn zugleich.
Wenn man über elektronische Musik und Natur spricht, dann fällt einem selbstverständlich sofort ein Name ein: Dominik Eulberg. Es gibt wohl niemanden auf diesem Planeten, der es schafft, die Vielfalt der Natur so perfekt mit den künstlichen Geräuschen des Computers in Einklang zu bringen. Und so heißt es auch in seiner Biographie: „Er kann tatsächlich von sich behaupten, die Vogelkunde und den Techno unter einen Hut gebracht zu haben: Der ravende Ornithologe aus dem Westerwald, international gebuchter DJ im Rampenlicht und stiller Beobachter heimatlicher Flora wie Fauna gleichermaßen, ein Meister der versöhnten Widersprüche.“ Nun könnte man fragen, ob sich Techno und Vogelkunde tatsächlich widersprechen, denn wenn man den Sound von Dominik Eulberg hört, dann erkennt man vieles, aber sicherlich keine Widersprüche. Schon seine erste, bereits zehn Jahre zurückliegende Veröffentlichung, „Der Hecht im Karpfenteich“ machte klar, wohin die eulbergsche Soundreise gehen würde und über die Jahre schaffte es Dominik, seine Musik mehr und mehr zu perfektionieren. Es gibt wohl kaum einen Künstler in der elektronischen Musikwelt Deutschlands, dessen Sound so vielfältig, so detailreich ist. Kritische Stimmen würden nun behaupten, dass man dies auch als „überfrachtet“ bezeichnen könnte, aber derartige Aussagen verdeutlichen einzig und allein, dass sich diese Leute nie näher mit der Musik Dominik Eulbergs beschäftigt haben. Es ist extrem schwer, bei Dominiks Musik einen Anfang zu finden, denn über die Jahre hat er einen Fundus an eigenen Tracks und Remixen produziert, bei dem das Wort „gigantisch“ eine maßlose Untertreibung wäre. Fangen wir also, losgelöst von Zeit und Raum und keinen menschlichen Zwängen verpflichtet, mit einem seiner vielleicht schönsten Lieder an: „Wenn es Perlen regnet“. Allein der poetische Titel lässt bereits erahnen, dass sich dahinter ein großer Track versteckt. Auf der einen Seite das Geräusch des Regens, getragen von einer verträumten Glockenspielmelodie, auf der anderen Seite die pumpenden Beats, die dennoch mit den anderen Parts des Liedes harmonieren. Eben eine wunderbare Symbiose aus Natur und Maschine, für deren Gelingen man durchaus mehr als nur eine Spur Talent braucht.
Dass Dominik Eulberg aber nicht nur die ruhigen Klänge beherrscht, sondern dass seine Tracks auch ordentlich anschieben können, beweist er hingegen nicht zuletzt mit seinen neuesten Titeln wie „Opel Tantra“ oder „Noch ein Bass im Ärmel“, die mit der Stille der Natur nur wenig gemeinsam haben, sondern eher dem Jäger-und-Sammler-Rush einer schwitzigen Tanzfläche gleichkommen. Vor allem mit seinem brillanten Album „Heimische Gefilde“ wurde der Name Dominik Eulberg auch einem breiteren Publikum bekannt und es verwundert nicht, dass diese Scheibe im Jahr 2007 zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Und auch heute noch lässt sich dieses Teil bei einem Naturspaziergang als Begleitung mitnehmen, denn Tracks wie „Adler“ oder „Die Alpenstrandläufer von Spiekeroog“ sind immer noch ein Genuss, bei dem die Gräser grüner, das Wasser klarer und die Luft milder wirken. Sein 2011 auf Traum Schallplatten erschienenes Album „Diorama“ ist, aus heutiger Perspektive, vielleicht sogar noch ein Stück besser, denn neben dem bereits erwähnten Perlenregen finden sich darauf auch Kracher wie „Die 3 Millionen Musketiere“ oder das verwirrend-antreibende „Teddy Tausendtod“. Wer danach nochmal Lust auf etwas Entspannteres hat, dem sei zum Beispiel „Mikroorgasmen im Morgentau“ oder das eher deepe „Offenbach“ empfohlen. Wie gesagt, Dominik Eulbergs Trackfundus ist nahezu unerschöpflich und wer sich auf diese Naturwanderung begeben und dabei tanzende Glühwürmchen oder Björn, den Borkenkäfer kennenlernen möchte, der wird von diesen Erlebnissen sicher nicht enttäuscht werden.
Und auch als Remixer ist Dominik Eulberg eine feste und vor allem gefragte Größe im elektronischen Deutschland, was die Vielzahl seiner Edits beweist. Man nehme zum Beispiel seine Version von Extrawelts entspannt-melancholischem „Was übrig bleibt“. Der Dominik Eulberg „Das Es“ Remix ist ein richtiger Kracher, der die Tanzfläche in einen schweißtreibenden See aus Glückshormonen verwandelt. Ähnlich gut ist seine Interpretation von Oliver Koletzkis „Der Mückenschwarm“ (klar, wen holt man sich bei solch einem Songtitel sonst als Remixer?). Doch auch bereits ältere Remixe wie die Dominik-Eulberg-Version von Nathan Fakes „Dinamo“ oder von Kollektiv Turmstrasses „Leuchttoorn“ klingen heute noch erstaunlich frisch und können ganz ohne Retrogedanken über die Plattenteller gedreht werden. Das heißt dabei nicht, dass seine neuen Sachen nichts können, im Gegenteil. Vor allem sein Remix für Rones „Parade“ aus dem letzten Jahr ist der Hit, ebenso seine Version von Frans „Arcade Love“. Wie gesagt, beim Hören eines Dominik Eulberg Remix macht man im Normalfall keinen Fehler.
Foto: Alfred Jansen
Man muss es bei dieser Trackauswahl eigentlich nicht mehr dazu sagen, da es sich von selbst versteht, aber der Vollständigkeit halber: Natürlich ist Dominik Eulberg ein gefragter DJ, nicht nur deutschland-, sondern europaweit. Warum, dazu muss man sich nur einmal ein Set von ihm anhören und nach spätestens zehn Minuten sind alle natürlichen und unnatürlichen Fragen in dieser Hinsciht geklärt.
Also, wer schon immer wissen wollte, wie es sich anhört, wenn Vögel im rauschenden Wald mit plätscherndem Wasser über stampfende Beats schöne Melodien singen, dem kann nur eines empfohlen werden: Dominik Eulberg hören!
Artikel auf Elektro-Chronisten.de