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Dominik Eulberg: Zwischen Techno und Naturkunde

Zu Besuch beim Techno-DJ und Produzenten

Am Wochenende spielt Dominik Eulberg (37) in den angesagtesten Clubs der Welt. Innerhalb der Woche lebt der Techno-DJ, Produzent und Ornithologe inmitten der schönen Natur des Westerwalds, lässt sich von allem inspirieren, was dort kreucht und fleucht, und schafft daraus Tracks mit Namen wie "Der Tanz der Glühwürmchen". Ein ganz anderes Interview.

Grillhüttenraves waren die ersten Auftritte

UNICUM: Die häufigste Beschreibung deiner Person im Netz ist: "Der ravende Ornithologe aus dem Westerwald mit Hang zu Natur-Sounds". Gibt das ganz gut wieder, wer du bist und was du machst?
Dominik Eulberg: So wirklich sehe ich mich nicht in dem Satz. Klar, es ist sehr außergewöhnlich, dass ein Techno-DJ gleichzeitig auch Biologe ist. Das ist es wohl, was die Leute anspricht. Wenn ich mich beschreiben müsste, würde ich sagen, dass ich ein sehr neugieriger Mensch bin, dem Wissen sehr wichtig ist, damit man nicht blind durch die Natur geht, sondern sie registriert und ein Bewusstsein dafür schafft. Die meisten Techno-DJs oder Produzenten reden ständig über Techno und Technik. Das ist bei mir nur ein ganz kleiner Teil. Mir geht es darum, die Schönheit der Natur mit meiner Musik zu vermitteln.

Welche Rolle spielt die Natur denn in deiner Musik? Eher abstrakt oder nimmst du Geräusche auf?
Früher habe ich Geräusche und Vogelstimmen aufgenommen und in meiner Musik verwendet, aber das mache ich nicht mehr. Natur ist der größte Künstler und ich lasse mich von ihr inspirieren. Ich versuche, die Gefühle, die ich in der Natur empfinde, zu manifestieren. Das mache ich zum einen, weil ich einen pädagogischen Ansatz habe, beispielsweise über Geschichten zwischen den Tracks oder auf der Plattenhülle. Mir hilft das aber auch, weil Musik ja eigentlich nichts anderes ist als die Selektion aus unendlich vielen Optionen. Wenn ich mir aber vorstelle, wie Glühwürmchen tanzen, dann habe ich eine klare Linie im Kopf.

Woher kommt diese Leidenschaft für die Natur?
Ich hatte von Anfang an einen sehr direkten Zugang zur Natur. Da ich ohne Fernseher groß geworden bin, konnte ich meine Kreativität in der Natur frei entfalten. Als ich ein Kind war, konnte für mich ein Stock eine Schlange oder ein Flugzeug sein. Ich war so gerne im Wald, dass mich meine Mutter nach kurzer Zeit aus dem Kindergarten genommen und mich wieder in den Wald gelassen hat.

"Mir ging es bei meiner Musik nie darum, Erfolg zu haben"

Und wie kam dieser naturverbundene Junge dann zum Techno?
Ich habe mit 15 angefangen, elektronische Musik zu machen, nachdem ich bei den Nachbarskindern auf einem Ghetto-Blaster Techno-Musik von Sven Väth gehört habe. Das waren für mich sehr fremde, faszinierende Geräusche. Um zu verstehen, wie aus Strom ein akustisches Signal wird, habe ich mir Synthesizer gekauft und sie auseinander- und wieder zusammengebaut.

In der Schule war ich eher der Außenseiter, der belächelt wurde, weil er Vögel beobachtet und komische Elektroniksounds macht. Das hat mich angespornt, mein Hobby noch viel intensiver zu betreiben. Hier in der Gegend war niemand mit diesem Hobby, deshalb habe ich mir alles autodidaktisch beigebracht. Die ersten Male aufgelegt habe ich auf Grillhüttenraves und in lokalen Kneipen, während meines Studiums in Bonn dann auch in Clubs. Damals noch für 50 D-Mark am Abend. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon neun Jahre Musik gemacht, wollte sie aber nicht veröffentlichen.

Dann war "DJ" wahrscheinlich gar nicht dein beruflicher Plan A …
Mir ging es bei meiner Musik nie darum, Erfolg zu haben, und ich habe das auch nicht gemacht, um gut anzukommen. Außerdem stehe ich eigentlich überhaupt nicht gerne im Mittelpunkt. Ich musste regelrecht von einem Kommilitonen dazu überredet werden, meine Musik einer Plattenfirma zu zeigen. Ich habe es als Voraussetzung gemacht, dass ich meine Platten so nennen darf, wie ich möchte. Deutsche Titel waren damals ein No-Go und dann wollte ich auch noch so "komische" Biologienamen wie "Die Rotbauchunken vom Tegernsee" oder "Brenzlich, brenzlich – dachte der Feuersalamander".

Hast du dich deshalb für ein naturwissenschaftliches Studium entschieden?
Für mich war es klar, dass ich etwas mit Natur und Naturschutz machen will. Biologie war mir zu theoretisch, mich hat die Schnittstelle Mensch-Natur interessiert. Deshalb habe ich "Ökologie und Umwelt" studiert, ein interdisziplinärer Studiengang, zu dem Biologie, Geologie, Geographie und Soziologie gehörte. Nebenbei habe ich in Nationalparks gearbeitet, geforscht und naturkundliche Führungen gemacht. Das Studium habe ich allerdings nach dem Vordiplom abgebrochen. Wenn man sonntags aus Paris zurückkommt und am Donnerstag schon wieder nach Tokio muss, dann bleibt keine Zeit fürs Studieren.

Viel in der Natur unterwegs: Dominik Eulberg | Foto: Janina Jung

Viel in der Natur unterwegs: Dominik Eulberg | Foto: Janina Jung

"Die Natur und der Techno-Hedonismus: Das sind Antagonisten!"

Heute nimmst du dir aber die Zeit für die Naturkunde, oder?
Ja. Ich schreibe eine Naturkunde-Kolumne im FAZEmag und mache manchmal Vogelexkursionen. Ich arbeite gerade an einer Vogelstimmen-CD, schreibe ein Buch zu Naturschutz und möchte ein nachhaltiges Modelabel gründen. Außerdem habe ich aktuell bei drei Kinofilmen mitgemacht: "Birds and People", "SongbirdSOS" und "Generation E" – bei letzterem geht es um die Subkultur elektronischer Musik als Ersatzreligion für junge Leute.

Die Auswahl der Filme zeigt, wie unterschiedlich die Welten sind, in denen du dich bewegst …
Die Natur und der Techno-Hedonismus: Das sind Antagonisten! Auf der einen Seite liebe ich diese Gegensätze. Dann sitze ich hier und denke: Jetzt fällt mir die Decke auf den Kopf, genug Vögel beobachtet, ich will jetzt Action haben. Nach drei Tagen Club habe ich dann wieder die Schnauze voll. Der Wechsel zwischen den beiden Extremen ist eine extreme Herausforderung.

Wenn ich Musik produziere, verkrieche ich mich stundenlang im Studio. Dafür muss man sehr introvertiert sein. So sehr, dass ich ein Stück weit resozialisiert werden muss, wenn der Briefträger an der Tür klopft. Der Übergang vom Ravemodus in den Alltag fällt aber allen Kollegen schwer.

"Ich würde gern ein Bio-Café eröffnen"

Gibst du dich dem exzessiven Leben der Metropolen am Wochenende dann voll hin?
Nein, eigentlich bin ich überhaupt kein exzessiver Typ. Drogen nehme ich überhaupt nicht und trinke auch nicht übermäßig Alkohol. Mich interessiert die Kunst, die Musik. Die Energie, die zwischen mir und der Menge entsteht, trägt mich durch die Nacht und ist Rausch genug.

Also könntest du dir ein Leben ohne Technopartys vorstellen?
Ein bisschen lebe ich das ja schon. Ich würde hier außerdem gern ein Bio-Café eröffnen, naturkundliche Führungen anbieten und einen Kräutergarten pflanzen. Ich könnte ich mir auch vorstellen, Hypnose anzubieten. Mit Hypnose erreicht man Dinge, für die man zehn Jahre Psychotherapie bräuchte. Dieser reine Techno-Hedonismus – im Club zu stehen, die Bass-Drum reinzudrehen und alle reißen die Arme hoch: Das ist schön, aber irgendwann befriedigt einen das nicht mehr komplett.

Interview auf unicum.de